Phonologische Bewusstheit 

Die phonologische Bewusstheit stellt eine wichtige Vorläuferfähigkeit für den Schreib-Leselernprozess dar. 

Kinder im letzten Kindergartenjahr sollten über eine gut ausgeprägte "phonologische Bewusstheit im weiteren Sinn" verfügen, d.h. sie können reimen, gleich/verschieden klingende Wörter unterscheiden, Wörter in Sprechsilben zerlegen bzw. silbierend gesprochene Wörter als Einheit erkennen. In den meisten Kindergärten wird großer Wert auf die Förderung dieser Fähigkeiten gelegt, da sich Kinder im Vorschulalter hier in einer "sensiblen Phase" befinden, in der sie gut davon profitieren.

Um die Schuleintrittsphase herum wird die "phonologische Bewusstheit im engeren Sinn" immer bedeutungsvoller. Sie befähigt die Kinder zu einer guten Lautwahrnehmung und - unterscheidungsfähigkeit. Sie können z.B. angeben, welchen Laut sie am Anfang oder Ende eines Wortes hören, können vorgesprochene Laute (nicht Buchstaben!) zu einem Wort zusammenziehen oder können aus mehreren Wörtern jenes benennen, das sich von den restlichen durch einen anderen Anlaut unterscheidet.

Schwierigkeiten in der phonologischen Wahrnehmung können die Entstehung einer Lese-Rechtschreibstörung/Legasthenie begünstigen. Eine logopädische Sprachstandsdiagnostik ermittelt u.a. die Fähigkeiten im Bereich der phonologischen Bewusstheit. Zeigen sich hier für den Schreib-/Leseprozess relevante Defizite, so sollten diese auch im Schulalter in die Therapie miteinbezogen werden.

Hilfreiche Infos erhalten Sie auf den Websites des  BALDT und der Barmherzigen Brüder Linz/ Institut für Sinnes- und Sprachneurologie - ISSN

Ausführliche Informationen bezüglich Richtlinien zur Leistungsbeurteilung generell und bei der Zentralmatura mit entsprechender Verlinkung zu den Gesetzestexten finden Sie auf der der Website des Bundesministeriums/Schulpsychologie.

Der "Legasthenie-Erlass" aus dem Jahr 2001(!) wurde vom Bildungsministerium im Herbst 2021 neu überarbeitet: "Rundschreiben Nr. 24/2021, Richtlinien für den Umgang mit Lese-/Rechtschreibschwierigkeiten (LRS) im schulischen Kontext". Seine Umsetzung ist vom Ministerium/Landesschulrat ausdrücklich angeodnet!

Vgl. Absatz 3a): "Bei Vorliegen einer Lese-/Rechtschreibstörung sind die notwendigen pädagogischen Hilfestellungen und symptomspezifischen Fördermaßnahmen in der Schule umzusetzen." Es besteht also ein Recht auf Umsetzung für das betroffene Kind, sobald eine klinisch-psychologische Diagnose vorliegt. (ICD-10, Zusammenfassung AWMF-S3-Leitlinie Uniklinik München)

Anzuwenden ist diese Regelung auf alle Sprachfächer. Den PädagogInnen wird dadurch maximale Entscheidungsfreiheit bei der Leistungsbeurteilung zugestanden. Als altes, jedoch sehr anschauliches Beispiel sei hier der Artikel von Elfriede Schmidinger "Die Beurteilung der Leistungen legasthener Kinder" aus dem "Modell zur schulischen Förderung von Kindern mit Lese-Rechtschreibschwäche" des LSR für OÖ erwähnt.

Weitere hilfreiche Informationen finden sich in der Handreichung 2022 des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung  zum Thema "Schulischer Umgang mit der Lese-Rechtschreibschwäche".

Die schulischen Leitbilder für LRS & Dyskalkulie, sowie die häufigsten Fragen & Antworten dazu und zum Rundschreiben 24/2021 stehen auf der Website des  BALDT zum Download bereit.

Zum Thema "Individualisierung im Unterricht" hier ein relevantes Rundschreiben des BMUK aus 2007 . Bei der Induvidualisierung und Berücksichtigung persönlicher Stärken des einzelnen Kindes/Jugendlichen, den Unterricht und die Leistungsbeurteilung betreffend, handelt es sich also nicht um eine Neuerfindung!

Eine Aufstellung hilfreicher Tipps für "LRS bei Fremdsprachen" finden Sie hier vom Salzburger Landesschulrat.

Ebenfalls sehr informativ ist die Website des deutschen "Bundesverbandes für Legasthenie und Dyskalkulie" -  u.a berichten dort  Betroffene über ihren Berufsweg mit LRS/Legasthenie bzw. Dyskalkulie.


Kurz zusammengefasst:

  • Grundsätzlich ist jede Lehrkraft aufgrund ihrer/seiner Ausbildung befähigt Schwächen im Lesen und beim Erlernen der Rechtschreibung zu erkennen und entsprechende Fördermaßnahmen einzuleiten!
  • Da die alleinige Problembearbeitung in der Schule jedoch in den meisten Fällen nicht ausreicht, ist es notwendig, bei Verdacht frühzeitig Hilfe bei kompetenten Anlaufstellen in Anspruch nehmen! Auch wenn ein Termin für eine klinisch-psychologische Diagnostik aufgrund langer Wartezeiten noch nicht erfolgt ist, kann zwischenzeitlich bereits mit einer Therapie/Förderung begonnen werden. Im Zusammenhang mit der logopädischen Diagnostik können auch standardisierte Lese-Rechtschreibtests zur Einschätzung der Problematik von mir durchgeführt werden.
  • Zur Diagnostik nach ICD-10 autorisiert sind grundsätzlich alle klinischen Psychologen/Psychiater in freier Praxis und an Institutionen, die sich mit der LRS/Legasthenie-Thematik befassen. Deren Befunde besitzen somit immer schulische Relevanz.
  • Eltern sollten ihrem Kind verdeutlichen, dass die Diagnose "LRS/Legasthenie"  keine "Befreiung von schulischen Pflichten" darstellt! Betroffene Schüler haben genau wie ihre Mitschüler Leistungen zu erbringen. Im Zuge des Nachteilsausgleichs sollten jedoch vonseiten der Schule Leistungsumfang und Art der Überprüfung angepasst werden. Dies trägt zur Entlastung und Stressreduktion bei und Betroffene können ihre persönlichen Stärken vermehrt nützen.
  • Pädagogen können betroffenen Kindern wertvolle Hilfestellung geben, indem sie das Gespräch mit ihnen suchen um herauszufinden, welche Problembereiche in der Therapie gerade bearbeitet werden. Sie könnten weiters die Leistungsüberprüfung darauf abstimmen, die außerschulische Übungszeit als "zusätzliche Hausübung" wertschätzen, Leistungsdruck nehmen, individuell beurteilen! (s.o.) Sinken Druck und Frustration ist davon auszugehen, dass die Motivation "das Problem anzupacken" beim Kind/Jugendlichen ansteigt. Erste Erfolge und die anerkennende Haltung der Lehrkräfte vermitteln Zuversicht.
  • Die LRS-Richtlinien des Bildungsministeriums stellt für die Pädagogen eine Stärkung ihrer Kompetenz dar, sodass sie zum Wohle des Kindes dieses - von der Rechtschreibung abgesehen - bestmöglich  beurteilen können, wenn die Leistungen in den anderen Teilbereichen dies rechtfertigen. (§ 3 u § 16 der LBVO!)
  • Durch die Inanspruchnahme außerschulischer, individuell angepasster Therapiemaßnahmen können sehr gute Verbesserungen erzielt werden, die sich aber oft erst langsam etablieren. 

Die direkte Arbeit am Lesen/Schreiben und sprachlich-phonologischen Prozessen ist die einzige Maßnahme die wissenschaftlich nachweisbar hilft, dafür aber auch -  mit der nötigen Ausdauer und konsequentem Training - dauerhaft Verbesserungen bringt. 

Die Literatur (vgl. Suchodoletz, Landerl/Moll, Schulte-Körne, Dummer-Smoch u.a.) belegt, dass die Arbeit mit Methoden, die einzelne Teilleistungen bearbeiten nicht mehr zeitgemäß und deren Wirksamkeit auch wissenschaftlich nicht belegbar ist.